Sächsische Gärten und Parks: Der Wilhelm Ostwald Park bei Grimma
Rund 30 Kilometer südöstlich von Leipzig befindet sich einer der schönsten und besterhaltenen Gelehrtensitze Europas: der Wilhelm Ostwald Park. Hier lebte und forschte einst der Physikochemiker und spätere Nobelpreisträger Wilhelm Ostwald (1853–1932). Das mehr als sieben Hektar große Anwesen war zunächst ein Ort der Sommerfrische für ihn und seine Familie.
Landsitz war Anlaufpunkt für Wissenschaftler aus aller Welt
Hinter hohen Bäumen versteckt sich das ländliche Idyll am Rand von Großbothen, einem Ortsteil von Grimma. 1901 kaufte Wilhelm Ostwald dieses Refugium im Muldental, ab 1906 ließ er sich hier dauerhaft nieder. Fortan wurde seine Wohn- und Forschungsstätte mit dem Namen „Landsitz Energie“ zu einem Anlaufpunkt für Wissenschaftler aus aller Welt.
Heute steht der Park unter Denkmal- und Naturschutz. Bei Streifzügen über das Gelände lassen sich beispielsweise eine alte, üppige Streuobstwiese mit über 40 Apfel- und Birnbäumen verschiedener Sorten und drei kleine Teiche entdecken.
Ostwald-Grabstätte am Porphyrsteinbruch
Markante Park-Elemente sind auch ein Göpel und das Modell eines Windrads. Sie stehen symbolisch für Wilhelm Ostwalds autarkes Versorgungssystem. Um Wasser von einem Brunnen in das Wohnhaus „Energie“ zu pumpen, bediente er sich der Eselskraft. Später löste Ostwald diese Aufgabe mit einer Windturbine.
Ein Porphyr-Steinbruch erinnert daran, dass ein Supervulkan vor 300 Millionen Jahren riesige Krater in die hiesige Landschaft riss und diese unter einer bis zu 500 Meter dicken Lava- und Ascheschicht begrub. Im Steinbruch befindet sich die Grabstätte Wilhelm Ostwalds, seiner Frau Helene und der gemeinsamen Kinder. Meist im August, wenn sich der Geburtstag Wilhelm Ostwalds jährt, ist er außerdem Schauplatz des traditionellen Steinbruchkonzerts.
Wer war Wilhelm Ostwald?
Am Ausgang des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Wilhelm Ostwald weltweit einer der vielseitigsten und produktivsten Gelehrten. Gemeinsam mit dem Schweden Svante Arrhenius und dem Niederländer Henricus van‘t Hoff bahnte er der physikalischen Chemie den Weg zu einer eigenständigen Wissenschaft. Seine Forschungen zur Katalyse brachten Ostwald 1909 den Chemie-Nobelpreis ein.
Als Privatmensch widmete er sich über viele Jahrzehnte der Malerei als Ausgleich für seine intensive intellektuelle Arbeit und entwickelte 1914 ein wissenschaftlich fundiertes Farbsystem. Auf Ostwalds früherem Landsitz wird sein universelles Werk seit 2009 durch die gemeinnützige Gerda und Klaus Tschira Stiftung gepflegt.
Im Haus „Energie“ können die original erhaltene Bibliothek sowie wissenschaftliche Sachzeugen und Archivalien besichtigt werden, die Häuser „Glückauf“, „Werk“ und „Waldhaus“ werden für Tagungen und Übernachtungsgäste genutzt. Regelmäßig gibt es Sonderausstellungen zu naturwissenschaftlichen Themen, Führungen durch das Museum und den Park, Vorträge und Lesungen, museums- und naturpädagogische Angebote.
Das Museum und der Park sind täglich außer donnerstags von 10 bis 17 Uhr für Besucher geöffnet.
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