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Der König-Friedrich-August-Turm: Löbaus gusseisernes Wahrzeichen

Es begab sich im Jahre 1854, dass der Löbauer Bäckermeister Friedrich August Bretschneider seinem König und Namensvettern Friedrich August II. von Sachsen einen Aussichtsturm errichtete. Es sollte ein Bauwerk von besonderer Schönheit und Eleganz werden, achteckig aufstrebend, aus ornamentalen Eisengussteilen montiert, in nur zweieinhalb Monaten vollendet. Doch der König, der zur feierlichen Eröffnung geladen war, verunglückte im Urlaub in Tirol tödlich.

Groß war die Bestürzung bei den Turmbauern. Die Einweihung wurde schließlich am 9. September 1854, einen Monat nach dem Unfall, begangen, im Gedenken an die Verdienste des Verstorbenen. Den Namen König-Friedrich-August-Turm trägt der „Gusseiserne“ aus Löbau bis heute.

Ein einzigartiger Aussichtsturm für Löbau

gusseiserner Aussichtsturm auf dem Löbauer Berg

Der gusseiserne König-Friedrich-August-Turm auf dem Löbauer Berg ist ein echter Hingucker. Foto: Richard Bohn

Eine „märchenhafte“ Geschichte, die sich hier am Löbauer Berg abspielte, um den sich seit jeher allerlei Sagen und Legenden ranken. Zugegeben, sie ist etwas idealisiert, obwohl es sich im Grunde wirklich so zugetragen hat. Aber auch schon damals war Geld das Zünglein an der Waage.

Wohl hatten sich Löbauer Bürger zum Ziel gesetzt, ebenfalls einen Aussichtsturm aufzustellen, nachdem 1850 der Czorneboh-Gipfel gut zehn Kilometer entfernt einen solchen aus Stein bekommen hatte. Höchstwahrscheinlich inspiriert von Joseph Paxtons Crystal Palace, dem 1851 bei der Weltausstellung in London vorgestellten ersten europäischen Montagebau aus Gusseisen, wurde ein ähnlich filigran konstruierter Turm favorisiert und das Hüttenwerk Bernsdorf sogar um ein Angebot gebeten.

Bäckermeister Bretschneider rettete den Turmbau

Allein, der Stadt fehlten die finanziellen Mittel und das Vorhaben kam nicht weiter voran. In dieser Situation wurde der Bäckermeister Bretschneider zum Retter in der Not. Er, der schon in seinem eigenen Garten einen kleinen Aussichtsturm besaß, erklärte sich bereit, die sämtlichen Kosten von geschätzten 5.500 Talern zu übernehmen. Im Gegenzug erhielt er auf 15 Jahre das Nutzungsrecht für den Turm und die daneben erbaute Gastwirtschaft.

Auch wenn die Arbeiten derart rasch voranschritten, dass sich die mehr als 1.000 Einzelteile – Platten, Säulen, Treppen, Geländer, Streben, Anker und so fort – binnen kürzester Zeit zu einem 70 Tonnen schweren Gesamtkunstwerk zusammenfügten, werden sie Bretschneider alsbald schlaflose Nächte bereitet haben. Die Kosten explodierten regelrecht, am Ende musste der Bäcker das Fünffache berappen! Ein tragischer Wohltäter?

Der guten Tat folgte der finanzielle Ruin

Tür des König-Friedrich-August-Turms

Die Tür des König-Friedrich-August-Turms ist nur selten verschlossen. Wenn es die Witterung zulässt, wird täglich geöffnet. Foto: Sylvio Dittrich

Überliefert ist jedenfalls, dass ihn angesichts des insgesamt 25.000 Taler teuren Baus große Schulden drückten und er daraufhin viele Grundstücke aus seinem Besitz verkaufte. Die Einnahmen des Restaurants und die Gebühren für die Turmbesteigung brachten weniger Geld ein als erwartet, selbst wenn sich in das Gästebuch sogar weitgereiste Besucher aus Brasilien, Kanada und Haiti eintrugen.

Zu allem Unglück fiel auch noch sein Haus am Altmarkt einem Brand zum Opfer. Bevor er sein neues Zuhause beziehen konnte, verstarb Bretschneider 1863. Vergessen wurde sein Eintreten für Löbaus einzigartige Sehenswürdigkeit jedoch nie. 1904 legten die Menschen zum 50-jährigen Jubiläum der Turmeröffnung dem Bäckermeister zu Ehren Kränze an seinem Grab nieder.

„Je weiter der Blick, desto freier das Herz!“

Der Bretschneider zugeschriebene Ausspruch „Je weiter der Blick, desto freier das Herz!“ findet sich heute an so manchem Aussichtspunkt, beschreibt er doch treffend dieses erhebende Gefühl beim Schauen ins offene Land. Die Worte zieren auch eine der Tafeln am Löbauer Turm. Außerdem ist Friedrich August Bretschneider auf der Platte rechts des Eingangs namentlich gemeinsam mit dem vor ihm verschiedenen sächsischen König verewigt.

Eine weitere Tafel kann als Reminiszenz an den Sagenschatz der Gegend verstanden werden. Darauf ist in Gedichtform die Rede von der Wunderblume, die Gold und Edelsteine an ihren Wurzeln verbirgt. Sie zeige sich alle 100 Jahre in der Johannisnacht, jedoch nur dem, der sich ihr mit reinem Sinn nähere.

Sagen, Mythen und eine fantastische Aussicht

Aussichtsplattform König-Friedrich-August-Turm Löbau

Von drei Aussichtsplattformen reicht der Blick weit ins Dreiländereck und bis nach Brandenburg. Foto: Sylvio Dittrich

Etliche solcher Mythen machen den Löbauer Berg zu einem geheimnisvollen Ort – glaubt man ihnen, muss er tatsächlich voller Reichtümer stecken. Nur entdeckt hat sie in jüngerer Zeit keiner, nicht die vergrabene französische Kriegskasse, nicht den mit Schätzen gefüllten Geldkeller. Auch die kegelschiebenden Zwerge und ihre Kugeln aus purem Gold oder der eine Diamantengrube hütende feurige Hund sollen irgendwo zwischen den schroffen Felsen, dichten Bäumen und sumpfigen Gebüschen ihren Unterschlupf haben.

Der Turm überstrahlt all diese Geschichten. Wer sich nicht von seiner luftigen Bauweise und den dekorativen Aussparungen in den Treppenstufen abschrecken lässt, sich stattdessen bis in 24 Meter Höhe zur obersten Galerie wagt, dessen Sportsgeist wird bei entsprechendem Wetter mit Fernsichten ins bergig-hügelige Dreiländereck zwischen Zittauer Gebirge, Tschechien und Polen belohnt.

Fast immer zu erkennen ist der Ještěd, der Hausberg der tschechischen Stadt Liberec. In den merklich flacher werdenden Landstrichen gen Norden zeichnen sich die Braunkohle-Kraftwerke von Boxberg und Schwarze Pumpe dies- und jenseits der brandenburgischen Grenze ab, schemenhaft durchs Fernglas sogar noch das in Jänschwalde nahe Cottbus.

Der Löbauer Berg bildet mit dem Schafberg gleich nebenan eine gemeinsame Formation, die mehrere Wanderwege verbinden. Dortiger Blickfang ist der Fernsehturm.

Turmarchitektur beeindruckt mit kunstvollen Details aus Gusseisen

Der Abstieg lenkt das Augenmerk noch einmal nachdrücklich auf die faszinierende Konstruktion des König-Friedrich-August-Turms, dessen Bestandteile in der Hauptsache zusammengesteckt und mit Blei verschlagen wurden. Künstlerisch durchbildet bis ins kleinste Detail, fallen nur die schmucklosen Diagonalverspannungen etwas aus dem Rahmen, die wohl in sprichwörtlich allerletzter Minute vor dem Abschluss des Baus noch aus Stabilitätsgründen eingezogen worden sind.

dekorative Elemente an Treppen und Geländer

Über 1.000 ineinandergesteckte Einzelteile bilden die luftige Turmkonstruktion. Foto: Sylvio Dittrich

Seit der dringend nötigen Restaurierung 1993/94 geben einige ergänzende Verschraubungen und Stahlsäulen in den hohlen Gusssäulen zusätzliche Festigkeit. Das historische Steckprinzip blieb aber erhalten. Innerhalb von exakt zwölf Monaten wurde der Turm damals bis auf das Fundament abgebaut, Teil für Teil repariert oder neu gegossen und schließlich abschnittsweise neu errichtet.

Der Zeitplan war eng, schließlich stand ein Jubiläum bevor. Genau 140 Jahre nach seiner Eröffnung drehte sich der Schlüssel im Schloss des Turms wieder und die Löbauer feierten an diesem 9. September 1994 zu Tausenden die Rettung ihres Wahrzeichens.

Autorin: Claudia Weber

Der König-Friedrich-August-Turm in Zahlen

  • erbaut 1854
  • 28 Meter hoch
  • Aussichtsplattformen in 12, 18 und 24 Metern Höhe
  • 120 Stufen

Öffnungszeiten und Eintritt

Mai–September: Montag–Freitag 9–20 Uhr, Samstag/Sonntag 9–22 Uhr

Oktober–April: Montag–Freitag 10–18 Uhr, Samstag/Sonntag 10–20 Uhr

(witterungsabhängig)

Für das Drehkreuz ist eine Zwei-Euro-Münze nötig. In der Turmgaststätte wird bei Bedarf gewechselt.

Comments (2)

  • Karl-Heinz Küntzel

    Wir sind Stolz auf unseren „Friedrich“ eine Augenweide für jedermann. Ich kann es nur jedem empfehlen den einzigartigen Gußeisernen Aussichtsturm zu besuchen.
    Ein Meisterwerk der Baukunst einzigartig in Europa und darüber hinaus. Gesteckt wie ein LEGO-Spiel in filigraner Ausführung.
    Ein weiter Weg bestimmt sich lohnt, auch wenn man ganz wo anders wohnt.

    I❤️Löbau

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