Chemnitz 2025: Eine Geschichte des Wandels
Seit dem 18. Januar ist Chemnitz Kulturhauptstadt Europas 2025. Rund um das Besuchs- und Informationszentrum in der Hartmannfabrik gilt es, eine Stadt und eine ganze Region zu entdecken, die sich in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder neu erfinden mussten.
Vieles, was bisher im Verborgenen schlummerte, rückt das umfangreiche Programm aus etwa 150 Projekten und mehr als 1.000 Veranstaltungen in den Fokus. „C the Unseen“, das Unbekannte entdecken, lautet das dazugehörige Motto. Dabei schwingt auch die Frage nach Identität mit, hier im Osten Deutschlands mitten in Europa.
Einst „sächsisches Manchester“, später Karl-Marx-Stadt
Die Chronik von Chemnitz liest sich wie eine stete Abfolge von Chancen und Umbrüchen. Um 1800, im Zuge der für deutsche Verhältnisse früh einsetzenden industriellen Revolution, war die Stadt eines der wichtigsten gewerblichen Zentren des Landes. Mit der Textilproduktion hatte der wirtschaftliche Aufschwung begonnen, aber vor allem der Maschinenbau begründete später den Ruf als „sächsisches Manchester“.
In den 1860er Jahren gelang dem Maschinen- und Lokomotivbauer Richard Hartmann und dem Werkzeugmaschinenbauer Johann Zimmermann der Durchbruch auf internationalem Parkett – bei den Weltausstellungen gewannen sie mehrfach Preismedaillen für ihre Maschinen, die den englischen in keiner Weise nachstanden. In dieser Zeit vergrößerte sich die Bevölkerung enorm und machte Chemnitz schließlich 1883 zur Großstadt. Nur 30 Jahre später lebten hier schon über 320.000 Menschen.
Massive Einschnitte brachten die beiden Weltkriege. 1945 wurden das Zentrum und angrenzende Wohngebiete auf über sechs Quadratkilometern zerstört. Stattdessen entstand eine neue, weite Innenstadt, die ein völlig anderes Aussehen als zuvor erhielt. Karl-Marx-Stadt, wie Chemnitz zwischen 1953 und 1990 hieß, spielte auch im Maschinenbau der DDR eine bedeutende Rolle, bevor die Wende im Herbst 1989 den nächsten Umbruch brachte.
Aus den Chemnitzer Garagen auf den Kunst- und Skulpturenweg Purple Path
Das Kulturhauptstadtjahr folgt vielen dieser wechselvollen Spuren und schaut beispielsweise auf die rund 30.000 Garagen, die in der DDR-Zeit überall in Chemnitz gebaut wurden. Sie waren Abstellplätze für Autos, aber auch Räume für soziale Begegnungen oder den Rückzug ins Private. Das Projekt #3000Garagen beschäftigt sich mit der Frage, welche Rolle diese Orte heute spielen.
Antworten liefern die Geschichten der Nutzer, zum Beispiel in einer Ausstellung von 100 Garagenporträts der Fotografin Maria Sturm. Gleichzeitig werden die Garagenhöfe mit Festen, Workshops und Kunstaktionen als soziokulturelle Gemeinschaftsorte aktiviert.
Hinein in die 38 Partnergemeinden im Umland der Stadt führt der Kunst- und Skulpturenweg Purple Path. Die 850-jährige Geschichte des Bergbaus hat sich tief in diese Region eingegraben. Alle Wege und Straßen, alle Siedlungen und Anlagen haben irgendwie damit zu tun.
Das spiegelt sich in den zeitgenössischen Kunstwerken des Purple Path wider, die sich rund um Chemnitz verteilen und öffentliche Plätze sowie Museen zur Technik-, Textil- und Landwirtschaftsgeschichte, Kirchen und Bergbaustätten, Zentren und Randzonen akzentuieren. Dabei wird der historische Leitsatz „Alles kommt vom Berg her“ beim Wort genommen, denn die Arbeiten von Alice Aycock, Sean Scully, Bettina Pousttchi, Jay Gard, Tony Cragg, Friedrich Kunath, Nevin Aladağ und vielen mehr stellen einen Bezug zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft her.
10 Programmhöhepunkte im Kulturhauptstadtjahr
bis 29.6.2025 Bergbauausstellung „Silberglanz und Kumpeltod“ im Staatlichen Museum für Archäologie
11.–13.4.2025 Offizielle Eröffnung des Kunst- und Skulpturenweges „Purple Path“
25.4.–16.11.2025 Ausstellung „Tales of Transformation, Chemnitz – Gabrovo – Łódź – Manchester – Mulhouse – Tampere“ im Industriemuseum Chemnitz
27.4.–10.8.2025 Ausstellung „European Realities. Realismusbewegungen der 1920er und 1930er Jahre in Europa“ im Museum Gunzenhauser in Chemnitz
30.5.–1.6.2025 Internationale Straßenkunst zum Hutfestival in Chemnitz
13.–15.6.2025 Kulturfestival „Kosmos Europa“ in Chemnitz
19.–22.6.2025 Mitmachfestival „Makers United“ in Chemnitz
10.8.–2.11.2025 Ausstellung „Edvard Much. Angst“ in den Kunstsammlungen am Theaterplatz in Chemnitz
10.–13.9.2025 Radrennen „European Peace Ride“
29.11.2025 Abschluss des Kulturhauptstadtjahres 2025 in Chemnitz und der Region
(Änderungen vorbehalten)
In der Jahresübersicht der Kulturhauptstadt findet sich das komplette Programm.
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smac – Staatliches Museum für Archäologie
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