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Ein Besuch … in den Technischen Sammlungen Dresden

Jedes Museum hat seine Ausrichtung, seinen Aufbau, seine Chronologie. Das kann man als Besucher dankend annehmen – oder man bricht es auf und geht einen anderen Weg.

Die Technischen Sammlungen Dresden sind eine wahre Wunderkammer auf neun Etagen, de facto angefüllt bis unters Dach mit großen und kleinen Kostbarkeiten ihres Genres. Wahre Schätze technischer Errungenschaften aus den Bereichen Fotografie und Informationstechnik, interaktive Exponate zu Mathematik, Physik, Mikroelektronik und Klimaforschung sowie die Mitmachwerkstätten des MACHwerks wollen gesehen, bestaunt, erkundet, aber vor allem ausprobiert und betätigt werden.

Als Museum, Fotogalerie, Science Center und Kino in einem machen die Sammlungen im Stadtteil Striesen auf gut 6.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche jüngste Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der technisierten Welt begreif- und erlebbar.

Im heutigen Museumsgebäude der Technischen Sammlungen Dresden wurden ursprünglich Filmkameras, Fotoapparate und Kinoprojektoren hergestellt. Foto: David Brandt

Ort der Visionäre – Am Anfang stand die Fototechnik

Schon von außen besticht das einstige Fabrikgebäude an der Schandauer Straße, in dem die Technischen Sammlungen untergebracht sind, mit seiner architektonischen Imposanz. Der Unternehmer Heinrich Ernemann ließ es als Erweiterung seiner 1889 gegründeten Kamerafabrik errichten. Fortan wurden hier analoge Filmkameras, Fotoapparate sowie Kinoprojektoren gefertigt, neueste Technik in den foto- und filmbegeisterten zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts.

Visionäre waren in diesen Räumlichkeiten tätig, trieben die technologische Weiterentwicklung des Einfangens von Momenten, von Realität, in Form des fotografischen Bildes tagtäglich voran. Langfristig ebnete die Produktion von Fotokameras in großem Stil den Zugang zu diesem Medium für die breite Masse, den Weg zur privaten Fotografie im 20. Jahrhundert und den „digitalen Bilderfluten“ der Gegenwart.

Dieser Historie kann man in den unteren Stockwerken der Technischen Sammlungen nachspüren. In den restaurierten Direktionszimmern der früheren Ernemann-Werke, in der ersten Etage, blickt das Museum zurück auf ein Jahrhundert Dresdner Kamera-Industrie. Die Ausstellungsräume „Welt im Kasten“ eine Etage höher beleuchten die technologische und kulturelle Dimension des technischen Bildes.

Der Historie der Fototechnik kann man in den unteren Stockwerken der Technischen Sammlungen nachspüren. Foto: Sophie Arlet

Die Geschichte des Hauses legt aber auch sinnbildlich den Grundstein für das heutige Wirken und Schaffen vor Ort, eint doch die Fototechnik gewissermaßen in ihrem Wesen die Hauptaspekte, denen sich die Technischen Sammlungen thematisch verschrieben haben: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – sowie das Foto als Medium der Kunst.

Auch heutzutage arbeiten hier Menschen mit Visionen, deren Ziel es ist, mit weitreichendem Blick und kreativem Gespür Fachwissen zu vermitteln, Aufklärung zu leisten.

„Eine unserer Aufgaben besteht darin, das Image der sogenannten MINT-Fächer zu verbessern und technische Kreativität zu fördern“,

sagt Direktor Roland Schwarz, ursprünglich Historiker, der das Haus seit 2009 leitet.

Ruhig mal treiben lassen – Zeit nehmen zum Tüfteln und Grübeln

Mit viel Charme, Humor und Vergnügen begegnen einem in den Sammlungen die Wissenschaften Mathematik und Physik. „Drücke den Knopf“, „Lege den Hebel um“, „Ziehe an der Schnur“, „Drehe die Kurbel…“, „Verschiebe…“, „Halte…“, „Pferche…“ – das Selbermachen und Ausprobieren haben eindeutig Priorität.

Die Anweisung „Bitte nicht berühren“ kommt einem äußerst selten unter die Augen. Ziel der Interaktionen ist es, Fragen und Problemstellungen selbst zu lösen und im wahrsten Sinne des Wortes zu begreifen.

„Wissen ist heute in Zeiten des Internets keine Mangelware mehr, logisches Denken hält hingegen intellektuell gesund“,

erläutert Museumschef Schwarz.

„Erlebnisland Mathematik“ und „Wellenreiter“ wecken Neugier auf die Wissenschaft

In den weitläufigen Räumen „Erlebnisland Mathematik“ in Etage vier wecken über 100 wissenschaftlich fundierte und mit viel Liebe zum Detail umgesetzte Spiel- und Experimentierstationen die Neugier auf die Wissenschaft. Die Mathematik, die sich sonst oft nur auf dem Papier in Zahlen, Symbolen und Linien niederschreiben lässt, wird dergestalt zum Ereignis, zeigt sich von ihrer lebendigen, aktiven und nebenbei von ihrer schönen Seite.

Über 100 Spiel- und Experimentierstationen wecken im „Erlebnisland Mathematik“ in Etage vier die Neugier auf die Wissenschaft. Foto: Grit Dörre

Besucher, ob ganz jung oder reiferen Alters, haben die Chance, sich selbst in eine Riesenseifenblase zu begeben und die zylinderförmige Oberflächenspannung zu beobachten, anhand von diversen Aufgaben mit geometrischen Figuren zu arbeiten, eine Brücke à la Leonardo da Vinci zu bauen – also ohne Seil, Nägel oder Leim –, das Pferchen zu lernen, am Verlauf eines Foucaultschen Pendels zu beobachten, dass sich die Erde wirklich dreht, und vieles mehr. Auch Erkenntnisse und Gesetzmäßigkeiten der Mathematik von Pythagoras, Archimedes, Galilei oder Benford können spielerisch erkundet werden.

Als Pendant dazu wird im Museumsbereich „Wellenreiter“ die Physik der Wellen erfahrbar. Über 50 opto-akustische Experimente veranschaulichen auf spannende und oft verblüffende Weise die Wirkung von Schall- und Lichtwellen. Hier gerät man geradezu in einen Flow und vergisst zuweilen die Zeit.

Auf „Wolke 8“ – Verantwortung statt Ohnmacht

Als Bildungsinstitution und Ort des lebendigen Austauschs stellen sich die Technischen Sammlungen aktuellen Themen. Gerade in den Räumen der oberen Etagen werden Fragen und Denkanstöße für die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft beleuchtet. Wo und wie neueste Entwicklungen der Forschung mit modernen Technologien – unter anderem Mikrochips, Sensoren, intelligenten und nachhaltigen Materialien – in alltägliche Lebensbereiche hineingreifen und Probleme in puncto Energie und Ressourcen beheben können oder könnten, führt beispielsweise der Bereich „Schaufenster der Forschung“ in Etage fünf vor Augen.

Hoch oben, in der Turmspitze des Hauses, noch über dem Museumscafé, widmet sich in der achten Etage schließlich die Ausstellung „Wolke 8. Das Klima und Wir“ den Ursachen, dem Ausmaß und den möglichen Folgen des Klimawandels. Sachlich, unbeschwert und ohne indoktrinierend den Finger zu erheben, geht sie dem Treibhauseffekt auf den Grund.

Einleuchtende Experimente und konkrete Beispiele liefern vielerlei Informationen und außerdem Anregungen, wie jeder selbst einen positiven Beitrag leisten kann, um der Erderwärmung entgegenzuwirken und den sogenannten ökologischen Fußabdruck klein zu halten.

Hoch oben in der Turmspitze widmet sich „Wolke 8. Das Klima und Wir“ den Ursachen, dem Ausmaß und den möglichen Folgen des Klimawandels. Foto: Philipp W. L. Günther

Ressourcenschonend gestaltete Ausstellung

Auch den Kuratoren war es wichtig, diesen Themenbereich ressourcenschonend umzusetzen.

„Hier wurde nahezu alles aus recycelten Materialien gemacht. Gerade als Ort der Industriekultur muss man sich zu Themen wie Nachhaltigkeit ja auch innovativ verhalten“,

erklärt Direktor Schwarz.

Auf interessanten, durchaus stylischen Hockern, hergestellt aus Industrieabfällen, können Besucher sich in Mini-Treibhäusern nachempfundenen Sitzecken mit dem eigenen Handeln reflexiv auseinandersetzen, Meinungen austauschen und sogar Statements hinterlassen. Am Ende geht man nicht nur etwas schlauer, sondern zudem ein wenig dankbar und mit dem Gefühl, die Zukunft unter Eigenverantwortung aktiv mitgestalten und positiv lenken zu können …

Alles mal anders – jung bleiben im Kopf

Als Familienmuseum eignen sich die Technischen Sammlungen wunderbar für einen Wochenendtrip mit der ganzen Familie oder für einen (Themen-)Ausflug im Klassenverbund.

Frei nach dem Sprichwort „Der Mensch lernt, solange er lebt“ können und sollten sich aber auch Erwachsene mal ganz allein oder zu zweit hier treiben lassen, ganz ohne Kinder, und dafür wieder selbst ein wenig Kind sein: voller Neugier staunen, Dinge ausprobieren und durchdringen; vielleicht obendrein Wissen nachholen, Aspekte eventuell im „zweiten Anlauf“ verstehen. Und auch ein Richtungswechsel innerhalb des gängigen Leitfadens bietet sich durchaus an, indem man sich einfach vom obersten Stockwerk angefangen nach unten durch die Ausstellungen arbeitet.

Wer sich beim Verlassen der Technischen Sammlungen ein wenig jünger fühlt, neue Ideen im Kopf hat und weitergehende Fragen mit nach Hause nimmt, hat an diesem Tag wohl alles richtig gemacht.

Autorin: Lena Lüpke

Technische Sammlungen Dresden

Junghansstraße 1–3, 01277 Dresden

Tel. 0351 4887272

Öffnungszeiten

Dienstag–Freitag 9–17 Uhr

Samstag, Sonntag, Feiertag 10–18 Uhr

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